Sprache als Schlüssel zur Integration 

Stolz zeigen Wladimir (30) und Katharina (28) ihre neue, erst vor drei Wochen bezogene Wohnung. Die beiden Deutschstämmigen, geboren in der ehemaligen Sowjetunion, leben nun schon seit gut drei Jahren in Deutschland. Die Ärztin und der gelernte Computerspezialist fühlen sich hier mit ihren beiden Kindern Jakob (4) und Moritz (7) sehr wohl. Die immer noch etwas ungewohnte Sprache ist zwar noch ein kleines Hindernis, weswegen Wladimir derzeit noch als Estrichleger arbeitet, doch beide arbeiten daran, diese Hürde zu meistern, denn sie wollen ihren Lebensunterhalt weiterhin selbst verdienen.

„In allen Bereichen des Lebens laufen Wissensvermittlung und Integration weitgehend über die Sprache“, so Diakon Stock vom evangelischen Seelsorgezentrum. „Unsere Mitbürger aus der ehemaligen Sowjetunion sind in vielen Firmen gern gesehene, weil fleißige und sehr gründlich arbeitende Mitarbeiter. Wenn die Integration im Berufsleben funktioniert, warum dann nicht auch in allen anderen Lebensbereichen?“

Stock sieht es als seine Aufgabe, die Menschen dort abzuholen, wo er sie erreichen kann. Bei Besuchen und Gesprächen zuhause im Wohngebiet am Bienenberg, mit Vorträgen in russischer Sprache und über die Förderung der Kinder, die in der Schule gute Leistungen erbringen sollen.  Mit einer Vielfalt an Angeboten und Maßnahmen möchte Stock als Projektleiter im Rahmen des von VIELFALT TUT GUT geförderten Projekt „Vielfalt macht den Unterschied“ den Männern, Frauen und Kindern den Weg in die hiesige Gesellschaft ebnen.

„Ursprünglich war geplant, direkt im Wohngebiet am Bienenberg eine Begegnungs- und Kommunikationsstätte zu schaffen, doch die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten war bislang vergeblich. Daher finden die meisten Vorträge und Veranstaltungen noch weitgehend in unseren eigenen Räumlichkeiten sowie in Räumen der Stadt statt, die uns auch in dieser Beziehung wieder sehr unterstützt“, so Stock.

Aktuell laufen unter anderem Deutschkurse für Mütter, deren Kinder während des Kurses betreut werden, eine Mädchengruppe, eine Mutter-Kind-Gruppe und eine Hausaufgabenbetreuung. Über Vorträge möchte Stock die Menschen auch ansprechen. Informationen über Legasthenie oder politische Information finden dabei begeisterte Zuhörer. „Die Wahlbeteiligung im Bezirk Bienenberg lag bei der letzten Wahl nur bei 11%. Das hat mir sehr zu denken gegeben“, so Stock. Häufig läge es an mangelnder Sprachfertigkeit und fehlender Information zu aktuellen politischen Themen und zudem daran, dass die Bewohner im Wohngebiet weitgehend isoliert lebten.

Dass die Bürger russischer Abstammung und ihre Kinder sich nicht an demokratischen Prozessen beteiligen, kann so nicht bleiben, findet Stock. Somit ist die politische Bildung eines seiner Anliegen. Über Vorträge und mit Fahrten ins KZ Dachau, zum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg oder zur Jüdischen Synagoge in Augsburg wolle er den neuen Bürgern nahe bringen, wohin Rechtsextremismus führen könne und klar machen, warum es wichtig sei, sich an allen demokratischen Prozessen zu beteiligen. Integration über viele verschiedene Wege zu erreichen ist das Ziel von „Vielfalt macht den Unterschied“.

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